August Lafontaine und die Folgen – Vom Leichten und vom Seichten in der Literatur
August Lafontaine und die Folgen –
Vom Leichten und vom Seichten in der Literatur
Gemeinsame Veranstaltung des Exzellenznetzwerks "Aufklärung – Religion – Wissen" und des Interdisziplinären Zentrums für Pietismusforschung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in Verbindung mit den Franckeschen Stiftungen zu Halle zur Langen Nacht der Wissenschaften
4. Juli 2008
Ort: IZP, Franckeplatz 1, Haus 24, Seminarraum
Zeit: 21.30-22.15 Uhr
Zwischen 1789, dem Jahr seines literarischen Debüts, und 1822, dem Jahr, in dem er seine literarische Karriere abrupt beendet hat, veröffentlichte August Lafontaine u.a. 58 dickleibige, mehrbändige Romane, die – vorbereitet durch Vorankündigungen, Vorabdrucke und bestellte Rezensionen – in 392 Übersetzungen in 507 Auflagen und Ausgaben mit durchschnittlich 1.500 Exemplaren in 14 Sprachen den europäischen Buchmarkt bereichert haben. Zu den Originalausgaben mit 100.500 kommen 233.750 Exemplare aus 86 illegalen Nachdrucken mit 187 Ausgaben und Auflagen: ergibt die für die Zeit unglaubliche Summe von 334.250 Exemplaren, nicht mit gerechnet die zahlreichen umfänglichen Erzählbände. Auf dem Höhepunkt seines erfolgreichen Schriftstellerlebens soll Lafontaine über ein Vermögen von 59.319 Reichstalern, ca. 3 Millionen Euro, verfügt haben: auch ein guter Grund, die Schriftstellerei nicht länger als Brotverdienst betreiben zu müssen. Als Lafontaine 1831 in Halle stirbt, gehört er zu den schon bei Lebzeiten Vergessenen, Geschmähten und Verleugneten, zumindest in Deutschland und zumindest bei denjenigen, die von seinen Werken oft nicht nur als Leser zunächst begeistert, sondern häufiger auch als Schriftsteller anregt worden waren.
Mögen heutigen Tags Lafontaines Person und Werk auch nicht mehr im Maße des 18. und frühen 19. Jahrhunderts präsent sein, er hat literarische Folgen gezeitigt: Was heute als literarischer Kitsch, als Trivial- und Unterhaltungsliteratur firmiert, darf Lafontaine zu seinen Gründervätern und Wegbereitern zählen. Was aber machte und macht den Kitsch zum Kitsch, das Triviale zum Trivialen? Ist es das Was erzählt wird, ist es das Wie erzählt wird? Wie unterscheidet sich das heute Triviale vom damals Trivialen? Und warum ist das Triviale ein wichtiger Gegenstand kulturwissenschaftlicher Forschung? Und warum kann das Triviale, kann Kitsch Spaß machen? Von Lafontaines Klara du Plessis und Klairant (1795) bis zu Dr. Stefan Frank. Der Arzt, dem die Frauen vertrauen werden Beispiele auf der schiefen Ebene vom Leichten zum Seichten gelesen und Antworten auf solche und ähnliche Fragen versucht.
(Anm.: Die Zahlen sind den Lafontaine-Forschungen und der Lafontaine-Bibliographie von Dirk Sangmeister entnommen.)