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Ewiger Frieden. Ewiger Krieg.

Braucht es Aufklärung?
Impulse des 18. Jahrhunderts

Eine Vortragsreihe in Kooperation mit dem Interdisziplinären Zentrum zur Erforschung der Europäischen Aufklärung (IZEA)


Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine 2022, dem Terroranschlag vom 7. Oktober 2023 in Israel und dem Krieg in Gaza ist die seit Ende des Kalten Krieges in Europa verbreitete Friedenszuversicht nicht mehr ohne Weiteres aufrecht zu erhalten. Das Selbstverständnis einer sich als aufgeklärt verstehenden europäisch-bürgerlichen Gesellschaft scheint im Angesicht sich wandelnder politischer Narrative und der sich daraus ergebenden neuen politischen Fakten und Konstellationen zu erodieren.

Kann diese als neu empfundene Situation mit Hilfe „alter“, aufklärerischer Überzeugungen neu betrachtet werden? Erinnerungen an Prinzipien wie Toleranz und Vernunft, an die Verbindung von Demokratie und einer im Kern friedlichen Welt freier Republiken werden aufgerufen. Sie stehen in Frage und sie stehen zur Debatte. Basistexte der wie Kants „Zum ewigen Frieden“ (1795) werden mit einer Bandbreite von Interpretationen versehen, die heutige Diskurspositionen verschiedener Couleur für sich in Anspruch nehmen.

Ausgehend von unseren Forschungsfeldern – Aufklärung und Religion – möchten wir Kriegs- und Friedensdebatten im langen 18. Jahrhundert in den Blick nehmen und mit der Frage verbinden, ob sich daraus neue Perspektiven und Impulse für die Orientierung in einer gewandelten Situation gewinnen lassen?

Termine


15.4.2024, 18:15 Uhr

Verbrannte Erde. Natur als Ziel militärischer Gewalt in der „aufgeklärten Kriegswissenschaft“

Dr. Jan Philipp Bothe (Göttingen)

Das Stichwort einer Kriegführung der „verbrannten Erde“ lässt normalerweise an Beispiele aus modernen Konflikten denken. Doch das Abzielen auf Natur, oder konkreter auf bewirtschaftete Kulturlandschaften zur Zerstörung der Lebensgrundlage von Menschen, ist ein altes Vorgehen. Im Rahmen einer intensiveren Auseinandersetzung mit der „Kunst des Krieges“ befasste sich das europäische militärtheoretische Schrifttum, das im 17. und besonders im 18. Jahrhundert eine Blütezeit erlebte, auch immer wieder mit der „Verbrannten Erde“.

Der Vortrag skizziert diese Thematisierung im militärtheoretischen Diskurs sowie die zentralen Argumentationsstränge. Dabei wird herausgestellt, dass schon Zeitgenossen zwischen ungeplanten Landesverwüstungen aufgrund von Plünderungen und planmäßigen, auf Befehl hin erfolgenden Verwüstungsaktionen unterschieden und dass es für die Durchführung solcher Aktionen mehr oder weniger detaillierte kodifizierte Handlungsabläufe gab, die besonders auf das Vernichten lebenswichtiger Ernten und die Vertreibung der Landbevölkerung abzielten. Die schreibenden Militärs entwarfen dabei einen spezifischen Wirkungszusammenhang zwischen naturalen Ressourcen, ihrer Bewirtschaftung durch die Landbevölkerung und der gegnerischen Logistik. Ratschläge dieser Art erfreuten sich bis weit ins 18. Jahrhundert einer gewissen Konjunktur, auch wenn immer wieder einschränkende Argumente für ein solches Vorgehen vorgebracht wurden. Diesen vor allem ökonomisch motivierten und weniger einer Humanisierung der Kriegführung geschuldeten Einschränkungen dieses Vorgehens widmet sich der Vortrag in einem letzten Teil.

Ort: Halle, Franckesche Stiftungen, Haus 54, Christian-Thomasius-Zimmer


6.5.2024, 18:15 Uhr

Kant als politischer Denker. Theoretische Impulse der Friedensschrift

Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Volker Gerhardt (Berlin)

Kants 1795 erschienene Schrift „Zum ewigen Frieden“, die Kant selbst als einen „philosophischen Entwurf“ bezeichnet, ist weniger ein engagierter Friedensappell als vielmehr ein Traktat über die Politik. Es sind nicht moralische Argumente, die hier als Mahnung zur Friedfertigkeit und Zurückhaltung vorgebracht werden, sondern Kant legt eine umfassende Theorie vor, die nach den politischen und nicht zuletzt rechtlichen Bedingungen des Friedens fragt. Die dabei sichtbar gemacht Grundlagen weisen auf den Einzelnen zurück und auf ein Weltbürgerrecht voraus. Der Vortrag wird die gegenwärtige Relevanz von Kants politischer Theorie ausloten.

Ort: Halle, Franckesche Stiftungen, Haus 54, Christian-Thomasius-Zimmer


17.6.2024, 18:15 Uhr

Clausewitz' Theorie des Krieges und seine Kritik aufklärerischer Ideen und Erwartungen

Prof. em. Dr. Herfried Münkler (Berlin)

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte sich eine Manöverstrategie ausgebildet, Kriege nicht in offenen Schlachten zu führen, sondern durch das Abschneiden des Gegners von seinen Versorgungsbasen, um ihn so zum Aufgeben zu zwingen. Mit den Kriegen der Französischen Revolution und vor allem mit der napoleonischen Art der Kriegführung endeten diese "unblutigen" Kriege und die Entscheidungsschlacht kehrte wieder ins Zentrum des Kriegsgeschehens zurück. Eine Reihe von aufklärerischen Autoren feierte den Verzicht auf die Schlacht als einen Fortschritt der Humanität. Clausewitz dagegen analysierte die napoleonische Strategie und positionierte sie als Ergebnis der Revolution gegen die aufklärerischen Hoffnungen.

Ort: Halle, Franckesche Stiftungen, Haus 54, Christian-Thomasius-Zimmer


1.7.2024, 18:15 Uhr

Soldaten, Invaliden und Mutilanten. Militärische Konzepte von Geschlecht und Körper in der Habsburgermonarchie des 17. und 18. Jahrhunderts

Jun.-Prof.in Dr. Julia Heinemann (BEL-Antwerpen)

Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts wurde in zahlreichen europäischen Monarchien die Vorstellung prominent, dass kriegsversehrte Soldaten eine besonders unterstützungswürdige Gruppe darstellten. Die Figur der Invaliden entstand. Damit verbunden waren neue Konzepte vom Staat und seinen „nützlichen“ Untertanen, von geschlechtsspezifischer Ehre und von Dienst und Arbeitsfähigkeit. Im Fokus des Vortrags steht der Wandel von Konzepten von Geschlecht und Körper in der Habsburgermonarchie des 17. und 18. Jahrhunderts.

Ort: Halle, Franckesche Stiftungen, Haus 54, Christian-Thomasius-Zimmer

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